Fraktale und fraktale Geometrie



Fraktale sind rauhe geometrische Gebilde, die bei beliebiger Vergrösserung eine detaillierte und komplexe Struktur besitzen. Ihre Struktur ist selbstbezüglich (rekursiv), d.h. bestimmte Teile des Fraktals oder das Fraktal selber finden sich in leicht abgewandelter oder identischer Form in der Gesamtmenge wieder.

Allen Fraktalen ist gemeinsam, das sie eine fraktale, also eine "gebrochene" Dimension besitzen, während normale geometrische Körper eine euklidische (also eine auf natürliche Zahlen beschränkte Dimension) besitzen.

Um den Begriff der gebrochenen Dimension besser verstehen zu können, muss man sich die Bedeutung einer "ganzen" Dimension nochmal anschauen:


SchemaD Erklärung
Schema euklidische Dimension 1 (1-dimensionale Kurve) 1 Jeder Punkt A auf einer 1-dimensionalen Kurve kann durch genau eine Zahl eindeutig dargestellt werden, durch die Länge "d" vom Ausgangspunkt.
Schema euklidische Dimension 2 (2-dimensionale Fläche 2 Jeder Punkt A auf einer 2-dimensionalen Oberfläche kann durch genau zwei Zahlen eindeutig dargestellt werden. Eine von vielen Methoden ist, auf die Oberfläche ein "Gitter" zu projizieren und die Längen der Gitterlinien zu messen.
Oder ein Polarsystem zu verwenden (wieder zwei Angaben: Länge und Winkelgröße).
Schema euklidische Dimension 3 (3-dimensionaler Würfel) 3 Jeder Punkt A im 3-dimensionalen Raum kann durch genau drei Zahlen eindeutig definiert werden. Üblicherweise werden dazu die drei Ordinaten X, Y und Z verwendet.

Eine mathematische Beschreibung von Dimension ist, wie die "Größe" eines Objektes sich verhält, wenn es linear gestreckt wird.

Nehmen wir eine 1-dimensionale Strecke an, die linear mit dem Faktor 2 gestreckt wird. Ihre charakteristische Größe, ihre Länge hat sich verdoppelt.
Bei einer 2-dimensionalen Fläche, die linear mit dem Faktor 2 gestreckt wird, hat sich die charakteristische Größe, die Fläche vervierfacht.
Noch extremer ist dies bei einem 3-dimensionalen Würfel der Fall, dort wird bei einer linearen Streckung mit Faktor 2 der Flächeninhalt (die charakteristische Größe bei drei Dimensionen) verachtfacht.

Diese Beziehung zwischen der Dimension D, dem linearen Streckfaktor L und der resultierenden Vergrößerung S kann verallgemeinert werden und kann geschrieben werden als: S = L^D
Diese Formel gibt nur mathematisch wieder, was wir aus der Alltagserfahrung schon kennen, wenn wir z.B. ein zweidimensionales Objekt vergrößern, dann vergrößert sich die Fläche um das Quadrat des Streckfaktors.

Aus dieser Formel ergibt sich durch Umformen gleichzeitig auch die Formel, um D zu berechnen:
D = log(S)/log(L)

Es gibt jedoch viele Objekte, die nicht mit dieser "ganzen" Dimension übereinstimmen, sowohl "vom Gefühl" her, als auch von der mathematischen Definition. Zum Beispiel eine Kurve, auf der nicht jeder Punkt eindeutig durch eine Zahl beschrieben werden kann. Wird sie linear gestreckt, so liegt der errechnete Wert nicht mehr auf einer natürlichen Zahl. Auch gibt es Formen, welche in der Ebene liegen, deren Flächeninhalt sich bei linearer Streckung mit Streckfaktor L nicht um L2 vergrößert.
Eins solcher einfachen Fraktale ist die "Koch Schneeflocke". Sie entsteht, wenn jede Strecke dieser Form wieder durch die Ausgangsform ersetzt wird:
Form der Koch Schneeflocke
Angefangen mit einer Linie, wird diese immer und immer wieder ersetzt:
Koch Schneeflocke, Iteration
Wird dieser Prozeß, genannt "Iteration" unendlich oft weitergeführt, so entsteht ein Fraktal. Dies wird an mehrere Sachen deutlich, zum ersten kann bei unendlicher Iteration ein Punkt auf der Form nicht mehr eindeutig durch eine Zahl beschrieben werden, obwohl die Form nur aus eindimensionalen Objekten (s.o.) besteht, da die Form unendlich lang ist (Bei jeder Iteration wird die Summe der Längen aller Strecken mit 4/3 multipliziert). Diese Form schafft es also, eine unendliche Länge auf begrenztem Raum "aufzustauen", ohne sich dabei selbst zu schneiden.
Ein weiterer Unterschied zu Objekten der euklidischen Geometrie ist das Detail. Dieses fraktale Objekt besitzt bei jeder Vergrößerung noch Detail, und die vergrößerte Form ist selbstähnlich, bzw. in diesem Fall sogar identisch mit der Ausgangsform.
Um die Dimension D von der Koch Schneeflocke zu berechnen, muss man sich den Entstehungsprozeß angucken. Man braucht jeweils bei jeder Iteration 4 Teile der vorherigen Iteration, wenn man diese vier Teile aneinandersetzt, so dass ein neues Objekt entsteht, so ist das entstandene Objekt auch gleichzeitig vom Anfangs- und Endpunkt aus gesehen, mit dem Faktor drei gestreckt worden.
Daraus ergibt sich nach der Definition von D: D der Koch Schneeflocke
Doch nun zur Entwirrung die Unterschiede von euklidischer und fraktaler Geometrie nochmal zusammengefasst:

Fraktale GeometrieEuklidische Geometrie
neuzeitliche Erfindungtraditionell
keine bestimmende Länge oder Vergrösserungbasiert auf festen Grössen
trifft auf viele natürliche Objekte zutrifft eher auf von Menschen erschaffene Objekte zu
durch einen Algorithmus beschriebendurch eine Formel beschrieben

Fraktale Geometrie ist eine sehr moderne Erfindung und wurde nur in den letzten 15 Jahren richtig wissenschaftlich analysiert. Euklidische Geometrie hat ihren Ursprung vor über 2000 Jahren, und ist deswegen schon sehr eingehend untersucht worden. Zweitens fehlen fraktalen Objekten meistens charakteristische Grössen, wie zum Beispiel der Radius eines Kreises bei der euklidischen Geometrie. Drittens kann man sehr anschaulich mit der euklidischen Geometrie menschlich geschaffene Objekte, wie zum Beispiel einen Zylinder beschreiben, aber bei natürlichen, in der Natur vorkommenden Objekten (z.B. Rasenfläche, Form von Farnen, Wolken), ist die fraktale Geometrie besser geeignet. Viertens lassen sich Objekte der euklidischen Geometrie durch Formeln beschreiben, wie zum Beispiel die Kreisformel: x2 + y2 = r2. Fraktale Objekte lassen sich meistens nur durch Algorithmen, also sich wiederholende Vorgänge erschaffen (wie z.B. die Koch-Schneeflocke).



Es gibt mehrere Methoden, Fraktale zu erzeugen und sie somit in Typen zu kategorisieren, die größten davon sind:
TypGrafikErklärung
"Einfache Fraktale"Sierpinski Dreieck Einfache Fraktale (ich wusste keinen anderen Namen) entstehen aus einfachen Bildungsregeln, wie z.B. die Koch-Schneeflocke oder das links dargestellte Sierpinski-Dreieck, bei dem das gleichseitige Dreieck in vier kongruente Dreiecke unterteilt wird und immer das "mittlere" herausgenommen wird. (Sierpinski Dreieck: D ~= 1.5849...).
Chaotische SystemeMandelbrot Menge Jedem Bildpunkt wird ein Punkt in der Gausschen Zahlenebene zugewiesen, diese komplexe Zahl wird dann iteriert, d.h. in eine Formel eingesetzt, und der entstehende Wert wieder in die Formel eingesetzt, dies geschieht solange, bis entweder die Zahl konvergiert, zwischen mehreren Zahlen springt oder gegen unendlich strebt. Je nach dem Resultat erhält der Bildpunkt dann eine Farbe (hier Schwarz für konvergierte Werte, weiss für Werte, die gegen unendlich gehen.
Grafik: Mandelbrotmenge (s. Blatt "Mandelbrot")
"Strange Attractors", "Hopalong"Hopalong mit getrennten x/y berechnungen Diese Technik wird oft benutzt, um "strange attractors" das sind grobübersetzt "seltsame Anziehungspunkte" von Chaotischen Systemen darzustellen. Anstatt jedem Bildpunkt eine komplexe Zahl zuzuweisen, wird der umgekehrte Weg benutzt: Man "verfolgt" einen Punkt durch die Iterationen und zeichnet immer dort einen Punkt, wo er sich nach jeder Iteration befindet. Deswegen wird diese Technik "hop-along" genannt, was soviel heißt wie "weiterhüpfen", man schaut zu wie der Punkt hüpft.
Grafik: Hopalong mit folgender Formel:
xn+1 = yn - xn1/2  und   yn+1 = 0.4 - xn
Die Startkoordinaten x0 und y0 spielen, bis auf einige Ausnahmen, keine Rolle auf das endgültige Aussehen.
L-SystemeL-System Beispiel Lindenmayer-Systeme ergeben oft der Natur sehr nahestehende Grafiken, und sind im Prinzip sehr leicht zu verstehen, und haben ein breites Anwendungsspektrum.
IFS-SystemeIFS-System Beispiel "Iterated Function Systems" werden ähnlich wie L-Systeme gebildet, nur werden anstatt Linien Polygone verwendet und ineinander eingesetzt. IFS-Systeme ermöglichen neue Wege in der Datenreduktion für Bild-, Video- und Ton-Daten ("Fraktale Kompression").
Grafik: IFS-System mit Ausgangsform: Bildungsregel für IFS System
Newton-RhapsonNewton Rhapson Fraktal Ähnlich wie bei Chaotischen Systemen wird jedem Bildpunkt eine Koordinate auf der Gausschen Zahlenebene zugewiesen. Mit der Newton-Rhapson Methode kann man Nullstellen für ein beliebiges Polynom annähern. Jeder Bildpunkt, und damit seine komplexe Zahl wird nun als Startwert für die Annäherung gesetzt, und der Bildpunkt erhält, je nach dem wie schnell er konvergiert, eine Farbe. Seltsam daran ist, das schon kleine Abweichungen beim Startwert einen großen Unterschied bei der Geschwindigkeit der Konvergenz auslösen können.
Grafik: Polynom: z * z * z - 1 = 0, Ausschnitt des positiven Real- und Imaginärteils.
Es gibt bestimmt noch weitere Typen und Methoden, Fraktale darzustellen, entweder sind sie noch nicht entdeckt, was sehr wahrscheinlich ist, da die fraktale Geometrie ja noch sehr jung ist, oder ich habe nichts dazu gefunden, bzw. zu wenig, um darüber zu schreiben.

Anwendungsgebiete von Fraktalen:

Quellen:
NameURL
An Introduction into Fractals (knapp) http://www.mhri.edu.au/~pdb/fractals/fracintro/
Sci.Fractals Frequent Asked Questionshttp://fractal.mta.ca/sci.fractals-faq/toc.html
Introduction into Chaos (ausführlich)http://www.columbia.edu/~gae4/chaos/
Sierpinski Trianglehttp://www.students.uiuc.edu/~ag-ho/chaos/sierpinski.html
The Relation between PI and the Mandelbrot sethttp://www.frii.com/~dboll/mandel.html
Fractal Arthttp://www.fractals.com/fractal_gallery/uwe_krueger/room1.html
MicroSoft Encarta Encyclopädie 98-